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Tagtäglich schimpft jeder von uns über diverse E-Mail-Programme, weil sie Probleme mit Office-Paketen haben, aber von den Herstellern keine oder nicht genügend Unterstützung bekommen. Gleich, ob man mit der OEM-Version arbeitet, die dem PC beilag, per kostenpflichtigem Upgrade zur Vollversion umgestiegen ist oder das komplette Paket regulär beim Händler gekauft hat - wie gut ein Office-Programm für jene Aufgaben, die im Büro oder am heimischen Schreibtisch anfallen, wirklich geeignet ist, stellt sich in der Regel erst nach dem Kauf heraus. Da man ein OEM-Produkt aber nicht gegen ein anderes Produkt eintauschen kann, weil der Händler mit dem Programmhersteller einen entsprechenden Lizenzvertrag abgeschlossen hat, müssen unzufriedene Anwender eben doch wieder die teure Vollversion eines anderen Anbieters kaufen. 

Den Feature-Listen kann man freilich nicht entnehmen, ob die Textverarbeitung bei langen Dokumenten mit vielen Fußnoten plötzlich abschmiert und die bis dahin getippten Daten unwiderruflich mit in den Abgrund reißt. Ob die immer leistungsfähigeren DTP-Funktionen in der Praxis auch wirklich ausreichen, um etwa eine Vereinszeitschrift zu gestalten. Ob die Tabellenkalkulation dem Hobby-Spekulanten geeignete Werkzeuge an die Hand gibt, um seine Aktien zu verwalten. Ob das Adressmodul so gut mit dem Textprogramm harmoniert, dass man einen Brief an den Freund oder eine ganze Liste von Leuten schreiben kann, ohne sämtliche Adressen neu eintippen zu müssen. Ob die HTML-Export-Funktionen, die heutzutage jedes Office-Paket mitbringt, eine ansehnliche Homepage oder gar einen gestandenen Firmenauftritt auf die Beine stellen, oder ob man für all diese Aufgaben eben doch wieder ein teures Spezialprogramm hinzuziehen muss.

Wir wollen hier natürlich auf keinen Fall die alte Diskussion Windows contra Linux erneut aufrollen. Dazu hat sich jeder von uns schon längst eine eigene Meinung gebildet. Wichtiger war uns bei dem Vergleich der beiden ausgewählten Office Pakete die tatsächliche Praxistauglichkeit, um herauszufinden, ob eher die Hersteller, welche die Schuld meist auf eine inkompatible Hardware-Zusammenstellung, eine unvollständige Installation oder schlicht auf die Unfähigkeit des Anwenders schieben, oder wirklich der mangelnde oder unkooperative Softwareumfang an unseren täglichen Problemen schuld ist. Wir haben hierfür einige Kriterien und praxisnahe Testfälle ausgewählt, durch die wir die derzeit erhältlichen Office-Pakete scheuchten, und unsere Erfahrungen notiert. Die Ergebnisse werden manchen überraschen: Der Marktführer Microsoft muss sich doch in vielen Disziplinen zeigen lassen, dass man es auch besser machen kann.

Der Preis

Die Preisunterschiede zwischen den Paketen sind immens: Suns StarOffice bekommt man kostenlos, wenn man zu dem Download des 105 oder 79 MByte großen Pakets (mit oder ohne Datenbank Adabas D) bereit ist. Die Installations-CD samt Handbuch verschickt Sun für den recht günstigen Preis von ATS 650,--.
Das komplette Office 2000 Paket (SR 1), wenn man es nicht als Student der TU Wien um ATS 90,-- im Lehrmittelzentrum erwirbt, ist je nach Ausführung ab etwa ATS 5.000,-- zu haben, natürlich ebenfalls mit Handbuch.
Der Umfang beider Pakete ist der gleiche, beide enthalten ein Textverarbeitungsprogramm (auf das wir uns in Folge konzentrieren wollen), eine Tabellenverarbeitung, eine Datenbankenverwaltung und ein Programm zum Erstellen von Präsentationen. Alle diese Programme sind ungefähr mit den gleichen Funktionen ausgestattet.

Die Installation

Microsofts Office 2000 greift am tiefsten in die Windows-Installation ein und tauscht etwa 200 System-DLL’s aus. Die Programme belegen sowohl in der vom Hersteller vorgeschlagenen Standardfassung (‘jetzt installieren’), als auch in der vollständigen Variante, die alle mitgelieferten Office-Komponenten, Beispieldokumente und Tutorials auf die Platte spielt, mehr als doppelt so viel Platz wie die Konkurrenz. Eine ‘Minimalinstallation’, wie sie alle anderen Hersteller anbieten, gibt es bei Microsoft nicht mehr: Man kann allenfalls definieren, dass man ‘alle Bestandteile von CD starten’ lassen möchte, doch selbst in dieser Variante verschlingt Office 2000 noch 243 MByte Plattenplatz. Außerdem leidet die Performance sehr bei dieser Installationsart, da viele Funktionen bei Aufruf erst von CD geladen werden müssen.

StarOffice installiert eine eigene Bedienoberfläche als Alternative zum Windows-Explorer. Wobei allerdings der ‘StarOffice Desktop’ den gesamten Bildschirm einnimmt. Dieser Desktop lässt sich erst im zukünftigen StarOffice 6.0, das im Laufe des nächsten Jahres erscheinen soll, deaktivieren. Solange muss man für jeden kleinen Brief, den man schreiben möchte, warten, bis Windows bzw. Linux das komplette StarOffice-Paket geladen hat. Das kostet natürlich nicht nur Zeit, sondern auch Arbeitsspeicher.

Microsoft geht allerdings auch nicht gerade mit gutem Beispiel voran, was die Einhaltung der eigenen Interface Guidelines angeht. In Word 2000 haben die Redmonder das seit Jahren gewohnte Multiple Document Interface (MDI) durch das Single Document Interface (SDI) ersetzt. So öffnen sich mehrere Dokumente nicht mehr innerhalb des Programmfensters, wie es in früheren Versionen der Fall war. Stattdessen lädt Word für jede Datei eine eigene Instanz des Programms mit allen Menüs und Schaltflächen, was unnötig Ressourcen raubt.

Die Menüs in den Office-2000-Anwendungen zeigen standardmäßig nur die jeweils wichtigsten respektive häufiger verwendeten Einträge. Die weiteren Befehle verbergen sich hinter einem Menüeintrag mit zwei nach unten zeigenden Pfeilen und offenbaren sich erst, wenn man den Mauszeiger länger über dem Menü verweilen lässt oder auf die Pfeile klickt. Das mag unerfahreneren Anwendern eine willkommene Alternative zu überladenen Mammutmenüs sein, Profis werden diese Funktion hingegen schnell abschalten.

Die Benutzeroberfläche

Der Grundgedanke hinter StarOffice 5.1 war die Integration aller Komponenten wie Textverarbeitung oder Tabellenkalkulation in eine einheitliche Umgebung. Diese Funktionen sind zwar im Office 2000 ebenso enthalten, allerdings nicht im gleichen „auf einen Blick“ Format, das StarOffice bietet.

Nach dem ersten Start von Star öffnet sich ein Assistent, dessen Bedienung analog zum Installationsassistenten ist. Um die Internetfunktionen von StarOffice nutzen zu können, müssen hier einige Angaben gemacht werden. Ist kein Internetanschluss vorhanden, oder sollen die Funktionen nicht genutzt werden, so beendet man den Assistenten einfach mit dem Hinweis, dass kein Internetzugang verfügbar ist.

Bei Microsoft Office wird einfach still schweigend davon ausgegangen, dass eine aktive Internetverbindung vorhanden ist, denn lädt man ein html-Dokument ins Word so werden die Symbolleisten unverzüglich um eine Web-Leiste erweitert, uninteressant, ob dem User das gefällt und er ihre Funktionen benötigt oder nicht. Man muss dem Programm allerdings zu Gute halten, dass es keinerlei Einschränkungen in seinem Funktionsumfang zeigt, auch wenn keine aktive Internetverbindung besteht. Es ist jederzeit möglich, eine Homepage mit Hyperlinks zu erstellen, auch ohne dass diese Links verfolgt werden können.

Anschließend bekommen Sie von StarOffice als erstes den StarDesktop zu sehen. Dies ist, vereinfacht ausgedrückt, die Schaltzentrale von StarOffice. Alle Programme wie Textverarbeitung oder Tabellenkalkulation werden einfach als Module in diesen Desktop eingehängt. StarOffice unterstützt dabei zu jedem Zeitpunkt allseits bekannte Bedienungsverfahren, wie Drag & Drop oder ein Kontextmenü, das sich wie auch unter KDE mit der rechten Maustaste zu vielen Objekten einblenden lässt.

Bei Word wird zwar Drag&Drop auch unterstützt, allerdings muss jede einzelne Komponente des Pakets als eigenes Programm gestartet werden. Dadurch sind allerdings auch nur jene Funktionen im Speicher die für die aktuelle Arbeit wirklich benötigt werden.

Office 2000 bietet dem User die Möglichkeit, die Symbolleisten der einzelnen Programme seinen individuellen Wünschen anzupassen. Diese Einstellungen werden dann in der Datei: „Normal.dot“ im root-Verzeichnis gespeichert. Wird also einmal eine Neuinstallation des Systems oder nur des Office nötig, so kann diese Datei gesichert und danach wieder in dieses Verzeichnis gespielt werden, und schon befindet man sich wieder in der gewohnten Arbeitsumgebung mit allen gewünschten Einstellungen für die einzelnen Dokumentvorlagen, und jenen Funktionen in den Symbolleisten, die sich für den täglichen Umgang mit dieser Software als so entscheidend erwiesen haben.

Das Hilfesystem

Mit einem neuen HTML-basierenden Hilfesystem hat Microsoft die bisherige Windows-Standard-Hilfe ersetzt. Bei ihrem Start wird das Fenster des aufrufenden Programms an den linken Bildschirmrand verschoben und seine Größe um etwa ein Drittel reduziert. Da bei Bildschirmauflösungen von bis zu 1024 x 768 Pixels das Fenster relativ schmal wird und dadurch die Hilfetexte schwer zu lesen sind, muss man das Hilfefenster vergrößern. Da bleibt nur wenig Platz für die eigentliche Anwendung. Positiv hebt sich die Hilfe aber von der manch anderen Office-Pakets ab, indem sie den Anwender ausführlich und aufgabenorientiert unterstützt. Einzelne Kapitel, etwa zum Erstellen von Dokumenten, erklären die Bedienung der Programme recht gut. Hyperlinks verweisen auf vertiefende Informationen, zum Beispiel zu ausführlicheren Erklärungen zu Dokumentvorlagen oder Grafiken in Texten. Die Suchfunktion beschränkt sich jetzt allerdings nur noch auf den Index, eine Recherche im Gesamttext gibt es in dem neuen Hilfesystem nicht mehr. 

Die Online-Hilfe von StarOffice ist unübersichtlich und enthält fast nur allgemeine Informationen über die Grundbedienung der Module. Wer konkrete Unterstützung sucht, beispielsweise um die Seitennummerierung an einer bestimmten Stelle im Text zu ändern, wird oft nicht fündig. Ein StarOffice-Benutzer, der selbst auf Entdeckungsreise geht, merkt aber schnell, dass die Software wesentlich mehr beherrscht, als in der Hilfe erklärt ist. Im Zweifelsfall muss man deshalb beim Hersteller anrufen. Wir hätten ohne die Unterstützung von Sun so manche Funktion der Programme gar nicht gefunden. 

Einzelne Funktionen

Hier haben wir uns eine Reihe von Aufgaben überlegt, mit denen jeder User in seinem täglichen Umgang mit einer Textverarbeitung konfrontiert sein könnte. Es galt aufzuzeigen welche Funktionen mit welchem der beiden Pakete einfacher zu erfüllen waren.

Wie kann ich, möglichst einfach, eine simple Tabelle für eine Artikelübersicht (Artikel, Warennummer, Preis) anlegen?

  • StarOffice: Zuerst ist das Symbol „Tabelle“ in der Symbolleiste anzuwählen. Wenn man die Maustaste einige Sekunden lang gedrückt hält, erscheint eine weitere Symbolleiste. Hier wählt man nun abermals das Symbol „Tabelle“ aus. Wenn man die Maus nach unten bewegt, öffnet sich eine Matrix. Hier kann man, durch einfaches Ziehen des Mauscursors, die gewünschte Tabellengröße eintragen. Nach dieser Auswahl wird die Tabelle an der aktuellen Mausposition eingetragen.

  • Office 2000: Auch hier existiert das Symbol „Tabelle“ in der Standardsymbolleiste. Allerdings ist es nicht nötig einen weiteren Unterpunkt auszuwählen. Klickt man auf dieses Symbol erscheint augenblicklich die Auswahl für die Dimension der Tabelle. Auch hier wird an der aktuellen Cursorposition eingefügt.

Ist es möglich, mit dem Mauscursor eine beliebige Stelle im Text auszuwählen um dann dort Text einzufügen?

  • StarOffice: Diese Funktion bietet StarOffice zwar, sie muss allerdings umständlich aktiviert werden. Dazu muss man unter Extras - Optionen den Punkt „Textdokument“ und dort den Unterpunkt „Cursor“ auswählen. Erst nachdem die Schaltfläche „Direkt-Cursor“ aktiviert wurde steht diese Funktion zur Verfügung.

  • Office 2000: Dieser Dienst gehört schon seit dem ersten Office-Paket zum Funktionsumfang von Word.

Ich muss einen Text schreiben der eine bestimmte Wortanzahl nicht überschreiten darf. Kann ich irgendwie feststellen wie viele Worte ich schon getippt habe ohne sie erst mühsam zählen zu müssen?

  • StarOffice: In den Dokumenteigenschaften ist genau diese Information, nebst einigen anderen, verfügbar. Nachdem ein Dokument geöffnet wurde wähl man einfach Datei - Eigenschaften und dort den auftauchenden Dialog des Registrierblattes „Statistik“ aus. Dort kann die Wortanzahl einfach abgelesen werden.

  • Office 2000: Auch hier ist, ohne große Schwierigkeiten, eine Statistik des aktuellen Dokuments verfügbar. Dazu wählt man aus dem Menü „Extras“ den Unterpunkt „Wörter zählen“. Detailliertere Auskünfte über das Dokument erhält man über den Unterpunkt „Eigenschaften“ aus dem Menü „Datei“. Hier ist auch eine Änderung der Informationen des Dokuments möglich.

Ist es möglich innerhalb eines Textdokuments eine einfache Berechnung durchzuführen ohne einen externen Calculator starten zu müssen?

  • StarOffice: Es steht im StarOffice nicht direkt ein Taschenrechner zur Verfügung, trotzdem ist es möglich sich in Textdokumenten schnell mathematische Ausdrücke berechnen zu lassen. Dazu muss im Dokument an der entsprechenden Stelle einfach eine Formel [12,34 – 20%] eingegeben werden. Markiert man diese Formel nun und wählt man den Menüpunkt Extras - Berechnen, wird das Ergebnis der Formel in die Zwischenablage eingetragen und kann daraus einfach mit Paste in das Dokument eingefügt werden.

  • Office 2000: Auch hier gibt es keinen integrierten Taschenrechner. Es muss der Menüpunkt Einfügen - Feld ausgewählt werden. Danach wählt man im rechten Fenster den Punkt „= (Formula)“. Im unten stehenden Textfeld kann man dann, ebenso wie bei StarOffice, eine einfache Formel eingeben. Wählt man dann „OK“, so wird das Ergebnis der Formel an der aktuellen Cursorposition eingetragen.

Es steht mir eine, in einer Tabelle eingetragene, Videoliste zur Verfügung (Jahr, Filmtitel, Schauspieler, Kassettennummer). Ist es möglich, diese Liste nach Filmtiteln oder nach Kassettennummern zu sortieren?

  • StarOffice: Hierfür markiert man zuerst die zu sortierenden Daten. Anschließend den Menüpunkt Extras - Sortieren. Im folgenden Dialogfenster hat man die Möglichkeit drei unterschiedliche Schlüssel zu definierten (die erste, zweite oder dritte Spalte der Tabelle), diese, mit AND verknüpft, geben die Möglichkeit, innerhalb einer Sortierung weiter zu sortieren, sollte es zum Beispiel zwei Filme mit dem gleichen Titel geben.

  • Office 2000: In diesem speziellen Fall funktioniert die Auswahl der Funktion in beiden Office-Pakten genau gleich. Nur im Office 2000 öffnet man statt dem Menü Extras das Menü Tabelle.

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