|
|||||||||
"Einfluss der Informationstechnologien auf Diskussionen" | |||||||||
Im folgenden Experiment wurde untersucht, wie kleine Gruppen mittels Computerkonferenzen, elektronischer Post und direkter Diskussion Entscheidungen fällen. Die Verwendung des Netzes veranlasste die Teilnehmer zu größerer Offenheit und gleichmäßiger Beteiligung: Während im direkten Gruppengespräch oft ein oder zwei Leute am meisten reden, kam hier fast jeder zu Wort. Ferner produzieren die vernetzten Gruppen mehr praktische Vorschläge als die traditionellen Gesprächsrunden. Der offene, ungehemmte Diskurs hat aber auch seine Schattenseiten. Es wurde festgestellt, dass beim elektronisch geführten Gedankenaustausch die demokratischen Bedingungen die Entscheidungsfindung erschwerten. So wurde beobachtet, dass die Gruppen von drei Personen für eine Entscheidung per computergestützter, elektronischer Kommunikation ungefähr viermal so lange brauchten wie beim direktem Kontakt. Setzt man die Online-Gruppen unter Zeitdruck, sind ihre Entscheidungen zudem extremer und stärker polarisiert. In einem Fall einigte sich die Gruppe überhaupt nie, und das Experiment musste abgebrochen werden.
Ein wesentlicher Umstand bei der computergestützten Kommunikation ist, dass man einander nicht ins Wort fallen kann. Das verlangsamte den Entscheidungsprozeß und sorgte für Konfliktstoff, als einige Teilnehmer versuchten, die per Netzwerk geführte Diskussion zu beherrschen. Außerdem wurde festgestellt, dass die Versuchspersonen hinter der elektronischen Maske dazu neigten, extreme Meinungen zu vertreten und ihrem Ärger freien Lauf zu lassen als im persönlichen Zusammensein. Dieses unbeherrschte Aufbrausen wird als flaming bezeichnet. Vor allem unerfahrene Menschen lassen sich von der Leichtigkeit der scheinbaren Flüchtigkeit der computergestützten, elektronischen Kommunikation hinreißen: Sie sagen Dinge, die sie im persönlichen Gespräch nicht gewagt und in einem handschriftlichen Brief sich dreimal überlegt hätten. Ferner wurde entdeckt, dass die elektronische Kommunikation die Wirkung
des Sozialstatus zu beeinflussen vermag. Normalerweise ist die
gesellschaftliche oder berufliche Stellung ein machtvolles Regulativ von
Gruppenprozessen. Man ordnet sich üblicherweise Teilnehmer mit höherem
Status unter und befolgt deren Anweisungen. Sprechweise und Betragen
werden in Gegenwart von Menschen mit hohem Status förmlicher. Diese
wiederum melden sich häufiger zu Wort und beeinflussen die Diskussion
mehr als Teilnehmer mit niedrigerem Status. Da elektronisch geführte
Dialoge arm an kontextuellen Anhaltpunkten sind, war die Wirkung von
Statusunterschieden innerhalb einer Gruppe abgeschwächt. | |||||||||
|