Auch Kettenbriefe zählen zu den Hoaxes, denn auch hier existiert kein
realer Hintergrund, der eine Weiterleitung an andere rechtfertigen
könnte. Darüber hinaus fallen sie auch in die gleiche Kategorie wie
Werbe-Emails: Sie sind unverlangte Massenmails (Spam).
Es gibt mehrere Varianten:
- Pyramiden-Systeme (Schneeball-Systeme, "Make Money
Fast")
Hier werden die Empfänger aufgefordert, einen bestimmten Betrag an
den Absender zu zahlen. Sie sollen dafür Informationen bekommen, wie
sie das selbst auch mit anderen machen können. Durch die
lawinenartige Verbreitung soll man in ein paar Tagen hunderte oder gar
tausende von Dollar verdienen und dann immer weiter. Dass das nicht
funktionieren kann, wird schnell klar, wenn man sich mal vor Augen
hält, welche Teilnehmerzahlen erforderlich werden, wenn man als
zehnter in einer solchen Kette noch was verdienen soll.
Angenommen, man verschickt in jeder Ebene 10 Mails, deren
Empfänger auch wieder 10 Mails verschicken und so fort (Blindgänger
also nicht mitgerechnet), dann ergibt das in Ebene 10 bereits 1010
(10.000.000.000 also 10 Milliarden) Mails! Es wird aber derzeit von
nur ca. 100 Mio Internet-Nutzern weltweit ausgegangen (diese Zahl mag
je nach Quelle variieren, die Größenordnung ist entscheidend). Die
einzigen, die evtl. profitieren, sitzen in den ersten 3-5 Ebenen. Da
diese Aktionen schon ein paar Jahre laufen, kann man kaum erwarten, zu
diesen zu gehören.
- Gewinnspiele und Artverwandtes
"Bill Gates schenkt jedem $1000,--", "Nike
verschenkt Sportartikel", "Disney World zahlt
jedem eine Alles-Inklusive-Reise nach Disney World" ...
Mit ein bisschen gesundem Menschenverstand merkt man gleich, dass
das Quatsch ist. Aber, da wird ja (z.B.) gesagt, Microsoft habe ein
System entwickelt, das jede weitergeleitete Mail registrieren könne
(das "Microsoft Email Tracking System"), das würde man
gerade testen und als Belohnung für das Mitmachen ... Das ist
natürlich nicht richtig, ein solches System existiert nicht.
- Glücksbriefe
Diese an sich harmlos erscheinenden Kettenbriefe stellen durch ihre
Zahl und Häufigkeit doch eine Belastung der Netzressourcen und eine
Belästigung der meisten Empfänger dar. Es wird wohl kein
vernünftiger Mensch ernsthaft annehmen, dass diese Briefe (die es
seit Jahrhunderten auch in handschriftlicher Form gibt), irgendeine
andere Wirkung als die eben genannte haben. Viele finden es einfach
lustig oder meinen, sie würden jemandem damit zumindest eine Freude
machen. Tenor: "Schaden kann's ja nicht!"
Einige dieser Glücksbriefe drohen jedoch auch mit ernsten
Konsequenzen für den Fall, dass sie nicht weitergeleitet werden. Dies
kann abergläubische Menschen durchaus verunsichern; sie leiten sie
dann lieber weiter, womit das Ziel wieder einmal erreicht wäre.
- Tränendrüsen-Briefe
Da sitzt in Florida (oder New York, England, Australien, ...) ein
kleines Kind, das bald an Krebs (oder einer anderen Krankheit) sterben
wird und sein letzter Wunsch ist es, dass dieser Kettenbrief um die
Welt gehen möge (oder es mögen ihm/ihr alle schreiben). Nun macht
mal alle schön mit, es ist doch für einen guten Zweck, außerdem
bekommt die jeweilige Klinik (oder wer auch immer) von irgendeiner
Stiftung (oder sonst woher) so und soviel Dollar (oder Cents) für
jede Weiterleitung.
Wieder stellt sich die Frage, wer die Mails eigentlich zählt, wenn
sie nicht alle an eine bestimmte Adresse geschickt werden. Wer da an
wen Geld zahlt, ist auch nicht immer gesagt und ob das dann auch
passiert, weiß man ohnehin nicht. Schließlich könnte ja auch ein
Spammer (Werbe-Emailversender) der Urheber der Mail sein, der auf
diese Arbeit und Kosten sparende Weise viele gültige Email-Adressen
frei Haus bekommt und sie nach Erstverwertung für viel Geld
weiterverkaufen kann (ja, solche Menschen gibt es wirklich!).
Auch die vor einigen Jahren durch die Presse gegangene
Postkarten-Aktion für ein todkrankes Kind in England war übrigens
eine kontraproduktive Aktion, dieses Kind wurde noch lange Zeit
später mit Unmengen an Post überhäuft, die es gar nicht haben
wollte. Die Idee dazu kam nämlich von jemand anderem.
Es gibt sicher viele tausend kranke Kinder überall auf der Welt,
viele von ihnen zum Sterben verurteilt, und einige fänden es
vielleicht sogar toll, viele Emails zu bekommen. Mit Sicherheit wissen
die aber nichts von diesen Aktionen und werden es auch nie erfahren,
geschweige denn, dass jemals ein Pfennig für ihre Behandlung dadurch
aufgebracht würde.
- Sinnlose E-Petitionen
In diese Kategorie fallen Kettenbriefaktionen, die dazu aufrufen,
sich für oder gegen dies oder jenes einzusetzen. Das mag alles gut
gemeint sein und die Ziele der Aktion mögen höchst ehrenwert sein,
jedoch gilt hier ganz klar: Kettenbriefe sind kein adäquates Medium,
um seriöse Anliegen zu verbreiten.
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