Wolfgang Hofkirchner Die halbierte Informationsgesellschaft
In: Buchinger, E. (Hg.),
"Informations-?-Gesellschaft", OEFZS-Berichte, Jänner 1999, 49-58
Die politische Rede von der
"Informationsgesellschaft", die "Gesellschaft" sagt und zunächst
einmal nur "Technik" meint nämlich die Entwicklung und Diffusion der
konvergierenden Technisierung kognitiver und kommunikativer menschlicher Fähigkeiten
, sieht sich dem Ideologieverdacht und dem Vorwurf ausgesetzt, auf kurze Sicht
abgestellte Interessen einiger Akteure einiger Wirtschaftssparten (dem schon so genannten
Information Industry Complex) und politischer Kräfte, die sich jetzt auf den, wie es
heißt, nationalen Wettbewerbsstaat einschwören und die auch die Fixierung des
Sicherheitsdenkens auf den militärischen Faktor nicht zur Disposition stellen wollen, zu
kaschieren, solange sie nicht sinnfällig werden läßt, wie diese
Technisierungsinteressen mit weiter gesteckten gesellschaftspolitischen Visionen zu
vermitteln sind, nachdem der Glaube an die Automatik, daß wissenschaftlich-technische
Entwicklung allein schon sozialen Fortschritt nach sich zieht, längst zerbrochen ist.
In einer Zeit, in der nacheinander unter dem Eindruck der Atombombe,
industriell-agrikultureller Verwüstungen und von Hunger, Elend und Tod in den armen
Teilen der Welt das Bewußtsein von der Zerstörungskraft und Störanfälligkeit der
menschlichen Technosphäre, von der Empfindlichkeit und Endlichkeit der menschlichen
Ökosphäre und von der Unbeständigkeit und Unausgewogenheit der menschlichen
Soziosphäre gewachsen ist, erweist sich das Baconsche Programm als überholungsbedürftig
(Schäfer 1993). Gesellschaftspolitische Leitbilder müssen heute die globalen Probleme
der Gesellschaften im Bereich der Nutzung der technischen, der natürlichen und der
humanen Ressourcen anvisieren.
Allerdings zeigen auch die politischen Positionen, von denen aus Kritik geübt wird,
allzuoft ihre Schwächen. Eine Wissenschafts- und Technikkritik etwa, die sich zwar aus
der Einsicht nährt, daß die genannten Probleme im Gefolge und unter Beteiligung der
immer stärker unter den neuzeitlich-abendländischen Wissenschaftsbetrieb subsumierten
Technikentwicklung aufgetreten sind, dann aber nicht zwischen der historisch-konkreten
Erscheinungsform der wissenschaftlich-technischen Entwicklung und deren jedenfalls
existierenden allgemein-notwendigen Bestimmungen zu differenzieren gewillt oder fähig ist
und die unerwünschten gesellschaftlichen Zustände als Folgen der gesamten
Technikentwicklung interpretiert, begibt sich der Mittel zur Beeinflussung der technischen
Entwicklung für die Behandlung der gesellschaftlichen Krisen.
Das trifft auch auf eine Gesellschaftskritik auf der anderen Seite zu, die die Wurzeln der
Probleme im Sozialen sucht und findet und dabei den eigenständigen Beitrag von
Wissenschaft und Technik übersieht, der in ihrer katalysierenden Wirkung besteht.
Beide Kritikarten sind aufgrund ihrer Zurichtung außerstande, zwischen den
gesellschaftlichen Zielen der Entschärfung der globalen Problematik und den technischen
Mitteln der Informatisierung wie Computer und Telekommunikation oder auch anderen
Technologien einen inneren Zusammenhang herzustellen. Entweder münden sie in Aktionismus,
der jede Form von Technik mit der besonderen Form, die ihren Anteil an der Entstehung der
globalen Probleme hat, wie das Kind mit dem Bade ausschüttet oder zur gesellschaftlichen
Umkehr aufruft, oder sie verfallen angesichts der Aussichtslosigkeit dieser Versuche in
Fatalismus. Praktisch instruktiv sind sie nicht, der herrschenden praktizistischen Politik
der Technologieförderprogramme setzen sie keine Alternative entgegen, die aus einem
Diskurs über Sinn und Unsinn der elektronischen Vernetzung erwächst. Sie sind auch nicht
in der Lage dazu, denn eine Vermittlung kurzfristiger Denkweisen mit langfristigen
Erwartungen leisten die fundamentalistischen Kritiken der Rede von der
"Informationsgesellschaft" genauso wenig wie diese selbst.
Beachtung verdient, daß dieses Manko bereits in der Hochburg der politischen Sprechweise
von der "Informationsgesellschaft" erahnt zu werden scheint und der
Bangemann-Bericht, der als exemplarisch für die Linie der EU gelten kann, seit April 1997
von einem Bericht der Generaldirektion Beschäftigung, Arbeitsbeziehungen und soziale
Angelegenheiten der Europäischen Kommission mit dem Titel "Eine europäische
Informationsgesellschaft für alle" kontrastiert wird, den eine Gruppe hochrangiger
Experten unter Vorsitz von Luc Soete erstellt hat, und der die bisherige Vernachlässigung
sozialer Aspekte, bedingt durch die Einengung der Fragestellung nach der
Informationsgesellschaft auf die Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnologien,
wettmachen soll . Er wird von zwei bemerkenswerten wissenschaftlichen Grundannahmen
getragen (Europäische Kommission 1997):
Erstens wird der in politischen und
Wirtschaftskreisen beliebten technikdeterministischen Sicht auf das Heraufkommen einer
neuen Gesellschaft explizit eine Absage erteilt und beim Verhältnis von Technik und
Gesellschaft unter Verweis auf den Sundqvist-Bericht der OECD aus dem Jahr 1989 von einer
"sozialen Einbettung" statt von einem "technologischen Determinismus"
gesprochen: "Die von der Gruppe hochrangiger Experten ausdrücklich vertretene
Vorstellung von der sozialen Integration richtet sich dagegen, die Technologie als exogene
Variable anzusehen, der sich die Gesellschaft und die Individuen sowohl am Arbeitsplatz
als auch im häuslichen Bereich anzupassen haben. Statt dessen stuft sie die Technologie
als sozialen Prozeß ein, der 'durch die Erfüllung realer oder imaginärer Bedürfnisse
diese Bedürfnisse verändert, so wie er von ihnen verändert wird. Die Gesellschaft wird
nach dieser Sichtweise durch den technischen Wandel geprägt, so wie der technische Wandel
durch die Gesellschaft geprägt wird. Die technische Innovation bisweilen von
wissenschaftlichen Entdeckungen vorangetrieben, bisweilen aber auch durch die Nachfrage
ausgelöst entstammt dem wirtschaftlichen und sozialen System und ist nicht nur
eine Anpassung an Veränderungen, die auf außerhalb dieses Systems liegenden Ursachen
beruhen' (so der Wortlaut im ersten OECD-Bericht über die sozioökonomischen Aspekte
neuer Technologien, der unter der Bezeichnung Sundqvist-Bericht bekannt ist: OECD,
"New Technologies: a socio-economic strategy for the 90s", Paris, 1989, S.
117)."
Zweitens wird die Rolle der neuen Informations- und
Kommunikationstechnologien unter Hinweis auf eine notwendige Unterscheidung von Begriffen
wie Daten, Information, Wissen und Weisheit sowie unter expliziter Nennung der Ziele einer
sozial- wie umweltverträglichen gesellschaftlichen Entwicklung relativiert. Zwar bestehe
eine ihrer Hauptwirkungen "in einer milliardenfachen Kostenreduzierung und
Geschwindigkeitssteigerung bei der Speicherung und Übermittlung von Informationen
Auf die Erzeugung und den Erwerb von Wissen, geschweige denn auf den Fundus an
menschlicher Weisheit hatten diese neuen Technologien allerdings keine derartigen
Auswirkungen (also der 'Extrakt' aus Lebenserfahrung, natur- und
gesellschaftswissenschaftlichen Erkenntnissen, Ethik und Philosophie ). Es wäre
natürlich wünschenswert, daß sich die Gesellschaft immer mehr in eine 'weise
Gesellschaft' verwandelt, in der wissenschaftlich belegte Daten, Informationen und
Wissensinhalte zunehmend dafür genutzt werden, fundierte Entscheidungen zu treffen, um
die Qualität aller Aspekte des Lebens zu verbessern. Ein solche Weisheit würde zur
Gestaltung einer mit der Umwelt in Einklang stehenden Gesellschaft beitragen, der das Wohl
ihrer Mitglieder am Herzen liegt und die den sozialen und kulturellen Aspekten des Lebens
einen ebenso hohen Wert beimißt wie den materiellen und wirtschaftlichen Aspekten. Wir
hoffen, daß sich die entstehende Informationsgesellschaft in einer Weise entwickeln wird,
die eine solche Vorstellung der Weisheit voranbringt."
Diese beiden Gesichtspunkte sind zentral, um auf dem Niveau der Theorie die unvermittelte
Gegenüberstellung der Seite der technologischen Infrastruktur mit der Entwicklung zu
möglichen und wünschenswerten Zielzuständen der Gesellschaft im ganzen zu überwinden.
Sie sind essentiell, um ein wissenschaftliches Gesamtbild der gesellschaftlichen Umbrüche
der Gegenwart zu erlangen ein Bild, das noch fehlt, im wissenschaftlichen
Meinungsstreit freilich, der Moment dieser Umbrüche ist, schon an Konturen gewinnt.
Idealtypisch zugespitzt lassen sich im Prinzip vier herkömmliche Grundarten von
Auffassungen über den Zusammenhang von Technik und Gesellschaft auseinanderhalten, je
nachdem, welchem Faktor von beiden sie die bestimmende Rolle zuschreiben und ob sie diese
positiv oder negativ bewerten. Betrachten sie die Technik als die die Gesellschaft
determinierende Einflußgröße, handelt es sich bei ihnen um Technikdeterminismus. Legen
sie dagegen Gewicht auf die Technikgenese, die ein gesellschaftlicher Prozeß ist, in dem
ein gesellschaftliches Produkt entsteht, ein soziales Konstrukt, können sie als
Sozialkonstruktivismus angesprochen werden. Wird der Einfluß in einem positiven Licht
gesehen, gehören sie zum Fortschrittsoptimismus. Wird er negativ belegt, zählen sie zum
Fortschrittspessimismus. Während die technikdeterministischen Varianten von einer
Eigendynamik der technischen Entwicklung ausgehen, der kaum gegenzusteuern sei,
verkörpern den sozialkonstruktivistischen Spielarten gemäß die technischen Erzeugnisse
die gesellschaftlichen Interessen und Motive an Kontrolle. Die Begründungen dafür, daß
die Möglichkeit der Wendung der wissenschaftlich-technischen Eigenbewegung zum Besseren
unwiderruflich verloren gegangen sei, ist dabei genauso das Spiegelbild der Auffassung vom
technischen Fortschritt als sich selbst korrigierendes System, das seine
nicht-intendierten, unerwünschten Nebenfolgen mit der Zeit von selber beseitigt, wie die
Kulturkreislauf- und Untergangstheorien das Spiegelbild des instrumentalistischen,
neutralistischen Technikbegriffs, der auf die Anwendung zum Guten abstellt. Die einen sind
so technikdeterministisch bzw. sozialkonstruktivistisch wie die anderen, nur mit
umgekehrtem Vorzeichen (ähnlich bei van der Pot 1985: 724-753).
Entsprechend der Tradition des frühen Bürgertums und der Marxschen Theorie haben die aus
den Sechzigern und Siebzigern stammenden ersten theoretischen Überlegungen zum
Heraufkommen der Informationsgesellschaft, auch wenn diese damals noch nicht immer mit
diesem Namen bezeichnet wurde, einen fortschrittsoptimistischen technikdeterministischen
Bias. Zu erwähnen sind hier u.a. der Japaner Tadeo Umesao, der im Jahr 1963 Stufen von
der agrikulturellen Produktion über die stoffliche Industrie zur Informationsindustrie
postulierte (Ito 1991); Marshall McLuhan (1967), für den der Schaltkreis eine Extension
des Nervensystems darstellte, die den Übergang vom neolithischen zum elektr(on)ischen
Zeitalter einläutete; Zbigniew Brzezinski (1968), der mit Blick auf Computer und
Kommunikationstechnologien vom "technetronischen Zeitalter" sprach; Forscher in
den sozialistischen Ländern, die den Term "wissenschaftlich-technische
Revolution" zum Ausgangspunkt ihrer Arbeiten machten (Richta 1971); der 1969 die
Erfahrungen der Studentenrevolte aufarbeitende Franzose Alain Touraine (1972) und der
Trotzkist Daniel Bell (1973), die den Begriff "post-industrielle Gesellschaft"
prägten. Von der "Informatisierung" der Gesellschaft wird seit der
französischen Publikation von Nora und Minc (1980) gesprochen. Flankiert wurden diese
theoretischen Aussagen von Anfang an von Versuchen, sie empirisch abzusichern und diverse
Kennziffern zur Messung bestimmter Gößen zu ersinnen und anzuwenden, in denen technische
Parameter ausschlaggebend sind (siehe Karlhuber 1997). Bezogen auf die jetzt
vorangetriebene Schaffung der informationellen Infrastruktur läßt sich ebenfalls ein
technology-push-Ansatz ausmachen (z.B. Negroponte 1995).
Dem gegenüber steht eine Reihe anderer Zugänge, die den Einfluß nicht-technischer
Faktoren hervorheben. So
(polit-)ökonomische Zugänge, die das Entstehen
eines Informationssektors und von Informationsberufen in den Vordergrund stellen (Machlup
1962, Porat/Rubin 1977, OECD/ICCP 1981 und 1985) oder die Triebkräfte hinter der
Verbreitung der elektronischen Vernetzung analysieren (economy-pull-Ansatz, siehe
Fleissner 1998); oder
kulturwissenschaftliche Zugänge, darunter solche,
die Änderungen im Bereich der Kognition hervorheben und im Hinblick auf die
zentrale Rolle, die Wissen nicht nur in der Ökonomie zu spielen beginnt von der
"Wissensgesellschaft" (z.B. Drucker 1969, Stehr 1994) oder der
"Wissenschaftsgesellschaft" (Kreibich 1986) sprechen oder in bezug auf
die virtuelle Realität von einer "Cybersociety" (Bühl 1996), sowie
solche, die sich mit Veränderungen im Bereich der Kommunikation befassen wie mit der
gestiegenen Penetration der Gesellschaft mit Kommunikation und deren Verdichtung,
Beschleunigung und Globalisierung (Münch 1991, 1995); oder nicht zuletzt
politische Zugänge, die sich den neuen
Gemeinschaften und deren Forderungen nach einer entsprechenden Gestaltung der
Computernetze zuwenden (ein community-pull-Ansatz, wie er an anderer Stelle
(Fleissner/Hofkirchner 1998) genannt wird Rheingold 1994, Turkle 1995).
Frei nach dem Motto "Die Gesellschaft macht sich die Technik, die sie verdient"
variieren diese sozialkonstruktivistischen Zugänge in der Beurteilung des Zusammenhangs
GesellschaftTechnik etwas stärker als die überwiegende Mehrheit der
technikdeterministischen. In Abhängigkeit davon, welchen Wert sie den gesellschaftlichen
Faktoren beilegen, die sie für die Hervorbringung der Informationsgesellschaft
verantwortlich machen, sind sie mehr oder weniger für die Übernahme technischer
Gestaltungsaufgaben im eigenen Interesse offen.
Insgesamt ist in der soziologischen Technikforschung eine Tendenz weg vom
Technikdeterminismus hin zu verschiedenen sozialkonstruktivistischen Herangehensweisen zu
verzeichnen (vgl. Grint/Woolgar 1997). Gleichwohl ist auf der Basis der Beschränkung der
jeweiligen Ansätze entweder auf die Wirkungsrichtung Technik-Gesellschaft oder auf die
entgegengesetzte Wirkungsrichtung Gesellschaft-Technik keine umfassende wissenschaftliche
Erfassung der technischen und gesellschaftlichen Umwälzungen unserer Zeit zu leisten.
Offensichtlich ist es legitim, beide Richtungen zu thematisieren, und ihre Einbeziehung in
eine gemeinsame, einzige theoretische Herangehensweise angezeigt. Um die spezifische
Qualität dieser eigenartigen Wechselbeziehung "Technik bestimmt Gesellschaft, und
Gesellschaft bestimmt Technik" auf den Begriff zu bringen und sowohl mechanistisches
Gedankengut abzulegen, nach dem eine vollständige Determination des einen Faktors durch
den anderen angenommen wird, als auch zu vermeiden, eklektizistisch zu werden und die
Faktoren beliebig aufeinander wirken zu lassen, ist es vorteilhaft, sich die Ideen zunutze
zu machen, die immer dort ins Spiel gebracht werden können, wo zirkuläre Kausalität
vorliegt, bei der eine Ursache eine Wirkung hervorbringt, die ihrerseits auf die Ursache
zurückwirkt: die Ideen der Selbstorganisation und der Dialektik. Das Konzept der
Selbstorganisation bewegt sich auf der Abstraktionsebene der Untersuchung offener,
nichtlinearer, sogenannter komplexer dynamischer oder evolutionärer Systeme unabhängig
von deren realweltlicher Ausprägung, die Dialektik ist auf philosophischem Gebiet
angesiedelt. Das erstere bedarf der zweiteren, damit es seine weltbildsprengende Potenz
zur Geltung bringen kann .
Die dialektisch verstandene Grundfigur der Selbstorganisation kann wie folgt
vorgestellt werden: Gegeben seien Entitäten auf zwei hierarchisch übereinander
geordneten Ebenen, sprich: einer Mikro- und einer Makroebene, wie Elemente eines Systems
und das System selber. Zwischen diesen Entitäten besteht eine wechselseitige
Abhängigkeit in der Weise, daß das Verhalten der Entitäten auf der Mikroebene
mindestens eine Eigenschaft der Entität auf der Makroebene hervorgehen läßt, die den
Entitäten auf der Mikroebene nicht zukommt, und daß umgekehrt genau diese Eigenschaft
das Verhalten der Entitäten auf der Mikroebene prägt. Das Hervorbringen der
Makroeigenschaft durch die Mikroentitäten heißt Emergenz, die Prägung der
Mikroentitäten durch die Makroeigenschaft nenne ich im Anschluß an Holzkamp (1983)
Dominanz (in der Literatur üblich: Makrodetermination, englisch nach Popper
"downward causation"). Bei beiden Relationen handelt es sich um
Ursache-Wirkungs-Beziehungen, allerdings bei beiden um keine mechanistisch verstandenen
vollständig determinierten, so daß Raum bleibt für ein Entstehen von Neuem und eine
Entwicklung des Ganzen, die nach vorne offen sind für Diskontinuitäten, obwohl sie an
das Kontinuum des zurückgelegten Weges gebunden bleiben. Nicht nur die Emergenz bedeutet
das Triggern, das Evozieren, von vorher nicht Dagewesenem, sondern auch die Dominanz
kennzeichnet ein Verhältnis, in dem die Wirkung nicht vollständig auf die Ursache
zurückgeführt werden kann; sie charakterisiert mit der durch sie bewirkten
Einschränkung des Möglichkeitsraums verglichen mit den abstrakten Möglichkeiten, die
ohne sie offenstünden, zugleich die Ermöglichung verschiedener konkreter Realisierungen,
die ohne sie nicht gegeben wäre.
Technik kann in diesem Sinn als Teilsystem der Gesellschaft verstanden werden. Technik hat
demnach unwiderruflich neben den erwarteten Wirkungen auch nichtintendierte, nicht im
einzelnen vorhersehbare und oft unerwünschte Folgen, weil die selbstorganisatorische
Dynamik emergente Phänomene nach sich zieht, auch wenn die Gesellschaft noch so stark
ihre Interessen und Motive an der Gestaltung der Technik als Instrument zur Erfüllung
bestimmter gesellschaftlicher Funktionen der Technik aufherrscht und in sie einschreibt,
denn die constraints, die die Gesellschaft vorgibt, reichen ebenfalls nicht aus, die
Technik ganz zu kontrollieren. Weder bestimmt die Technik völlig, was die Zwecke sind,
die im Ergebnis ihrer Anwendung bedient werden, noch bestimmt die Gesellschaft völlig,
wie die Mittel auszusehen haben, über die sie verfügen möchte.
Der Technik ist also durchaus zuzugestehen, daß sie relativ ungeachtet ihrer vorgängigen
gesellschaftlichen (Teil-)Bestimmung den Charakter der Gesellschaft im nachhinein
(mit-)bestimmt. Daher ist die Frage auch zulässig, inwieweit die quantitative Verbreitung
der modernen Informations- und Kommunikationstechnologien eine Auswirkung haben kann, die
eine qualitative Veränderung im gesamten gesellschaftlichen Leben nach sich zieht.
In der Literatur werden je nach Reichweite oder Intensität unterschiedliche technisch
induzierte gesellschaftliche Qualitätssprünge diskutiert: darunter
die Ablösung der fordistischen Phase des
Industriekapitalismus durch eine post-fordistische,
die Ablösung des industriellen Zeitalters der ökonomischen Zivilisation durch ein
post-industrielles,
die Ablösung der ökonomischen Epoche der Menschwerdung durch eine
post-ökonomische,
die Ablösung der humanen Ära des Lebens auf der Erde durch eine post-humane,
die Ablösung des terrestrischen Äons intelligenter Evolution durch einen
post-terrestrischen.
Die Argumentation für die erste Möglichkeit einer neuen
industriellen Phase lautet: Die Computerisierung ist die Entwicklung und Diffusion genau
derjenigen Technologie, die, arbeit- und kapitalsparend zugleich, den Zusammenhang von
Massenproduktion und Massenkonsum, der für den Fordismus typisch war, sich aber
totgelaufen hat, aufbricht, um die ökonomische Krise durch maßgeschneiderte Produktion
für den Kunden zu überwinden, und die nicht nur zu einer Flexibilisierung der
Produktion, sondern auch zu einer Flexibilisierung der Mensch-Maschine-Beziehung und der
Arbeits- und sonstigen sozialen Verhältnisse und letztlich zur Durchsetzung eines
neoliberalen Kurses in der Politik führt. VertreterInnen dieser Ansicht zählen zur
sogenannten Regulationsschule (stellvertretend für die Fülle an Literatur Bruch/Krebs
1996).
Einen tieferen Umbruch verorten die schon genannten Theoretiker der
Informationsgesellschaft und andere, die einen Vergleich der informationellen Revolution
mit der industriellen Revolution anstellen und für die Wissen als neue Ressource neben
die traditionellen Produktionsfaktoren Kapital und Arbeit zu treten und zum Teil zu
substituieren und auch in anderen Bereichen der Gesellschaft eine zentrale Rolle
einzunehmen beginnt (z.B. Toffler/Toffler 1994).
Aus der merkwürdigen Eigenheit von Wissen, sich im Konsum nicht zu verbrauchen und nach
dem Tausch nicht verloren zu gehen, schließen die Proponenten der dritten Variante, daß
Wissen, da es ein Gut sei, das sich den Gesetzmäßigkeiten des Warenverkehrs entziehe und
die Potenz in sich berge, für alle Gesellschaftsmitglieder in gleicher Weise verfügbar
zu sein, deshalb gesellschaftspolitisch egalitär-sprengenden Charakter trage und das Ende
derjenigen Epoche der Konstituierung von Gesellschaft einläute, die von der Entgrenzung
der Ökonomie und der Marginalisierung der anderen Bereiche der Gesellschaft
gekennzeichnet sei (z.B. Kurz 1994).
Utopischer und technizistischer erscheint die vierte Option. Obschon die Versprechungen
der Forschungen zur künstlichen Intelligenz zurückgenommen und relativiert werden
mußten, bleibt der Topos bestehen, daß die von Menschenhand geschaffenen Gegenstände
schließlich die Menschen übertreffen und sich aus der Bevormundung durch sie
emanzipieren werden. Die Computer sollen smarter als die Menschen werden, und die
Evolution wird über sie hinwegschreiten (z.B. der Verfasser einer Trilogie zur
information science, Stonier 1997).
Noch phantastischer muten die Überlegungen zum artificial life an, nach denen schon mit
dem Computerprogramm eines künstlichen Virus das Tor zur Entwicklung von Leben
aufgestoßen worden ist, das nicht mehr an die Kohlenstoffchemie wie die auf unserem
Planeten noch vorherrschende Lebensform gebunden ist (zur Diskussion siehe Emmeche 1994).
Um diese fünf Denkmöglichkeiten auf das Modell der Gesellschaft als
selbstorganisierendes System beziehen zu können, muß es erweitert werden. Insbesondere
bedarf der Term der Information in einer selbstorganisierenden Gesellschaft einer
Konkretisierung.
Dazu soll zwischen der Technik am unteren Ende und der Gesellschaft am oberen Ende des
Zyklus eine Reihe von Zwischenebenen eingezogen werden, die nach Art einer enkaptischen
Struktur den Gesamtzusammenhang über eine Reihe von Zwischenschritten vermitteln, die
jeweils selbst wieder einen Zyklus der Selbstorganisation darstellen (Hofkirchner 1998):
Die Technik wird mit den Menschen, die sich ihrer
bedienen, zum Subsystem der techn(olog)ischen Organisation der Gesellschaft, der
Technosphäre, vermittelt;
die Technosphäre mit der Umwelt, die Gegenstand des lebenserhaltenden
Stoffwechsels ist, zu einem (beide einschließenden und daher hierarchisch höher
angesiedelten) Subsystem höherer Ordnung, nämlich dem Subsystem der natürlichen
Reproduktion der Gesellschaft, der Ökosphäre;
und die Ökosphäre schließlich mit der Kultur, deren Werte und Güter als Ziel
menschlicher Selbstentfaltung figurieren, zum Gesamtsystem der (kulturellen) Formation der
Gesellschaft, der Soziosphäre.
Jedes der genannten nächsttieferen Systeme bildet die
Basis für das darauf aufbauende System, es bildet die Voraussetzung, ist aber nicht
hinreichend für das jeweils höhere System, welches umgekehrt seinen Einfluß ausübt, um
sich die ihm eigene Basis zu schaffen.
In materieller Hinsicht bestehen diese Systeme aus der technischen Infrastruktur, aus dem
Mechanismus der Überlebenssicherung und aus dem Fundus an kultürlichen Artefakten, der
gleichzeitig zur Herstellung weiterer kultürlicher Artefakte dient. Diesen materiellen
Komponenten des Systems Gesellschaft korrespondieren wenn eine zunehmende
Ausdifferenzierung auch der Informationsentstehung in evolutionären Systemen bis zur
Stufe sozialer Selbstorganisation angenommen wird in informationeller Hinsicht
ebenenspezifische Produkte der kognitiven Funktionen des Systems Gesellschaft, die in
einem Informationsprozeß erzeugt werden, der in aufeinanderfolgenden Zyklen der
Selbstorganisation erfolgt.
D.h. das System macht Erfahrungen, erarbeitet Erkenntnisse und fällt Entscheidungen
(Fenzl/Hofkirchner 1997).
Die Erfahrungen macht es auf der untersten Ebene im,
durch den und für den technologischen Apparat, der seine Sensorik und seine Aktorik
darstellt. Prozesse der Perzeption (emergent) und Konzeption (dominant) rufen mit der
Verwandlung von Signalen aus der Um- wie Innenwelt des Systems ein Informationsprodukt
hervor, das Daten heißen kann. Daten seien möglichst vielseitig gemachte Erfahrungen.
Sie sind die Basis für die Gewinnung von Erkenntnissen.
Die Erkenntnisse erarbeitet das System auf der
mittleren Ebene, während und indem es seine Aufrechterhaltung betreibt. was von ihm
erfordert, Repräsentationen der für es überlebensrelevanten Zusammenhänge zu
generieren. Prozesse der Rekonstruktion (emergent) wie der Konstruktion (dominant)
schaffen aus Daten das Informationsprodukt Wissen, worunter das Verfügen über möglichst
wahre Erkenntnisse verstanden werden soll. Wissen ist die Grundlage von Entscheidungen.
Die Entscheidungen fällt das System auf der
obersten Ebene, wo es um die Stiftung von Sinn, um die Entfaltung des Guten und Schönen
geht. In Prozessen der Deskription (emergent) und Präskription (dominant) entsteht aus
Wissen das Informationsprodukt Weisheit. Weisheit sei das Treffen möglichst richtiger
Entscheidungen richtig in bezug auf die Verwirklichung der selbstgesteckten Ziele
eines guten und schönen Lebens für die größtmögliche Zahl der
Gesellschaftsmitglieder. Sie steuert das Verhalten des Gesamtsystems.
Information kann also im gesamtgesellschaftlichen Maßstab in unterschiedlicher Qualität
vorliegen. Information kann die Form von Daten, die Form von Wissen oder die Form von
Weisheit annehmen. Alle drei Formen sind Formen der Information, aber sie unterscheiden
sich nach ihrem Stellenwert bei der Begründung und Anleitung des Systemverhaltens.
Weisheit ist unmittelbar verhaltensrelevant, Wissen nur mehr mittelbar, aber unmittelbar
entscheidungsrelevant, und Daten sind direkt erkenntnisrelevant und indirekt
entscheidungsrelevant. Es gibt aber auch Daten, die irrelevant für die Erzeugung von
Wissen sind, wie es Wissen gibt, das irrelevant für gültiges Entscheiden ist. Daten,
Wissen, Weisheit die jeweils vorhergehende Information ist eine notwendige, aber
keine hinreichende Bedingung für die nachfolgende Information. Information macht eine
Transformation von der niedrigsten Stufe bis zur höchsten Stufe durch, wobei die
Transformation nicht vollständig determiniert ist, von Stufe zu Stufe ein
Qualitätsumschlag auftritt und der Prozeß auf jeder Stufe zum Abbruch kommen kann.
Ein derartiges Schema von einer Informationen produzierenden sich selbst organisierenden
Gesellschaft eignet sich in folgender Weise, denkbare Qualitätsumschläge zu
positionieren: Eine neue, post-fordistische Phase innerhalb der
industriegesellschaftlichen Entwicklung wäre schon durch eine Änderung auf der Ebene der
technologischen Organisation der Gesellschaft zu identifizieren. Ein neues,
post-industrielles Zeitalter innerhalb der Geschichte der Zivilisation würde mit der
Umwandlung des Reproduktionsmechanismus auf der nächsthöheren Ebene der Gesellschaft
einhergehen müssen. Eine epochale, post-ökonomische Wende in der Menschheitsgeschichte
überhaupt müßte auf der Ebene der kulturellen Ausformung der Gesellschaft lokalisierbar
sein. Übergänge zur Evolution künstlicher Intelligenz oder künstlichen Lebens kommen
dabei außerhalb der Betrachtung zu liegen.
Vor diesem Hintergrund könnte "Informationsgesellschaft" im vollen Wortsinn
eine Gesellschaft bedeuten, in der Veränderungen auf allen drei Ebenen auf der
technisch-organisatorischen Ebene der Datensammlung, auf der natural-reproduktiven Ebene
des Wissenserwerbs und auf der kulturell-formativen Ebene der Erlangung von Weisheit
statthaben, wobei in Rechnung gestellt werden muß, daß Veränderungen auf einer
Ebene solche auf der darüberliegenden zwar vorbereiten können, aber keineswegs
ausreichend Anstoß dafür bieten müssen. Es gibt keine Automatik. Ungleich anderen
evolutionären Systemen sind die Selbstorganisationszyklen in der Gesellschaft über das
Handeln bewußter Akteure vermittelt. Und diese Aktionen sind eine notwendige, wenn auch
noch immer nicht eine hinreichende Bedingung dafür, daß das System an den
Bifurkationspunkten der Entwicklung in die gewünschte Richtung getriggert werden kann,
und es scheint zu gelten: Je höher die Ebene ist, auf der das Umschlagen von Quantität
in Qualität in Betracht kommt, desto tiefer muß die Einsicht in diesen Prozeß sein, die
das entsprechende Handeln begleiten, ja anleiten, soll. Fehlt die bewußte Aktivität auch
nur auf einer Ebene, haben wir es mit einem Vorgang der Verwandlung der Gesellschaft in
eine Informationsgesellschaft zu tun, der auf halbem Wege stecken bleibt mit dem
Resultat einer halbierten Informationsgesellschaft.
Empirisch außer Streit dürfte das Sich-Abzeichnen eines Umschlags der Qualität auf der
Ebene der technologischen Organisation vieler industrialisierter und sogar einiger sich im
Prozeß der Industrialisierung befindlicher Gesellschaften stehen. Die Computerisierung
und elektronische Vernetzung als Prozeß der Einführung und Verbreitung neuer
Informations- und Kommunikationstechnologien hat Auswirkungen auf das
Mensch-Maschine-System überhaupt. Einerseits wird das Arbeitsmittel telematisiert, d.h.
mit Automation und Fernbedienung durchsetzt. Andererseits wird die Arbeitskraft
dementsprechend umqualifiziert. Dritterseits endlich bewirkt beides eine zunehmende
Entkopplung der Menschen von der Maschine. Die Technosphäre erhält durch die
Realisierung der Potenzen der neuen Technologien eine neue Qualität, die Qualität der
Flexibilität. Aber die Potenzen werden nicht auf einmal realisiert.
Denn die Technosphäre erhält ihre neue Qualität zunächst im Rahmen und unter der
Vorherrschaft des industriellen Reproduktionsmechanismus, der sich durch ein nie gekanntes
Wachstum an Umfang und Umsatzgeschwindigkeit der anthropogen bewegten Stoff- und
Energiemengen auszeichnet und wegen dem ceteris paribus damit verbundenen Öffnen und
immer stärkeren Auseinanderklaffen der Schere zwischen der gesteigerten Beanspruchung der
Naturbedingungen des Produzierens gesellschaftlichen Lebens und der fehlenden Fähigkeit,
diese in jener Güte und Beschaffenheit wiederherzustellen, in der sie als Ausgang für
die Fortsetzung des Produktionsprozesses dienen können, auf Dauer selbstzerstörerisch zu
werden droht. Diese Kontraproduktivität der ökosphärischen Regulation, der die globale
Problematik geschuldet ist, äußert sich so nicht nur in der Vernutzung und Verschmutzung
natürlicher Ressourcen, sondern begrenzt die Flexibilität der Technostruktur lokal und
stört bzw. zerstört global gesehen auch technische Ressourcen und legt Humanressourcen
brach. Und ob die Potenzen der neuen Technologien umgekehrt auf die Ebene der Ökosphäre
durchschlagen können und dabei die gesellschaftliche Reproduktion vom bisherigen Schema
des Industrialismus auf ein neues nachhaltiges Muster umstellen, das gerade vermöge der
Technologien einer Informationsgesellschaft den direkt proportionalen Zusammenhang von
Stoff- und Energieumsatz und seinen Schadensfolgen aufbrechen kann, bleibt einstweilen
unentschieden.
Schließlich ist die Ökosphäre wiederum von der Soziosphäre geprägt, in der die
Externalisierung der Handlungsfolgen von Teilen der Gesellschaft zur Entwicklungslogik
gehört, die Prinzipien der Kooperation an den Rand drängt, so daß der vom
übergeordneten System vorgegebene Spielraum für einen Umbau des industriellen
Reproduktionsschemas klein bleibt. Dessen Destruktivität wird dadurch bedingt, daß es
gesellschaftlich positiv sanktionierte Regel ist, partialisierte Interessen zu verfolgen,
die auf Kosten anderer durchgesetzt werden dürfen, was auf die Effektivierung der
Systemerhaltung nur innerhalb gewisser Schranken festlegt. Dies prägt die Kompartimente
der Ökosphäre und der Technosphäre noch in einem sozio-kulturellen Sinn: die
natürlichen Gegebenheiten als etwas, was als Gratisdienst in Anspruch genommen werden
kann, die technisch-organisatorische Basis als etwas, was einer Ökonomisierung zu
unterwerfen ist, d.h. die Produktionsinstrumente als Verkörperung von Rationalisierungs-
und Kontrollinteressen und die menschliche Arbeitskraft als auseinander dividierbare
Ressourcen, die nach Bedarf entweder höher oder dequalifiziert werden.
Kurz, wird die in Entstehung begriffene neue gesellschaftliche Realität als Informationen
generierendes selbstorganisierendes System in den Blick genommen, so scheint sich
jedenfalls die technologische Infrastruktur einer neoliberalen Umwandlung zu unterziehen,
die mit der Etablierung weltumspannender computerisierter Kommunikationsnetze die
Nervenstränge einer künftigen wie auch immer gearteten Gesellschaft und damit die
materiellen Voraussetzungen für die beschleunigte Sammlung von Informationen en masse auf
dem Niveau von Daten für die Gesamtgesellschaft errichtet. In diesem Sinn befinden wir
uns im Übergang zu "verdateten" Gesellschaften. Zweifel dürfen angemeldet
werden, wenn diese Verdatung mit einer Revolution gleichgesetzt wird, die angeblich ohne
weitergehende Maßnahmen zu einer "wissenden" Gesellschaft führen wird oder gar
zu einer "weisen" Gesellschaft. Eine "wissende" Gesellschaft würde
Wissen zu erwerben trachten, um die Aufrechterhaltung ihrer Existenz auf dem Globus zu
gewährleisten und den Reproduktionsmechanismus nachhaltig zu gestalten; eine
"weise" Gesellschaft würde Weisheit zu erlangen versuchen, indem sie einen
sozialen Ausgleich zwischen den Mitgliedern der Weltgesellschaft herbeiführen würde, die
einen ungleichberechtigten Zugang zur Verfügung über ihre Lebensbedingungen haben. Ist
das Netz metaphorisch gesprochen im Begriff, die göttliche Eigenschaft der
Allgegenwart auf die Erde herab zu holen, so fehlt es noch an der Allwissenheit, aber mehr
noch an der Weisheit und Gerechtigkeit (Fleissner/Hofkirchner 1998): Anzeichen für die
Umwälzung auf dem Niveau gesamtgesellschaftlichen Wissens gibt es erst ansatzweise, für
eine solche auf dem Niveau gesamtgesellschaftlicher Weisheit nur in Bruchstücken.
Aufgabe weitsichtiger Politik wäre es, Halbheiten zu überwinden und auf die Schaffung
der ganzen Informationsgesellschaft zu orientieren.
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