fit 2001 > Gruppenthema > Interaktivität

Überblick

Um die Sinne des Menschen zu täuschen und eine virtuelle Realität zu simulieren, sind Ausgabegeräte für Augen, Ohren und Tastsinn erforderlich. Dafür müssen 3D Displays, 3D Sound und tactile und force feedback eingesetzt werden. Ausgabegeräte unterscheiden sich in der Anzahl der Degrees Of Freedom (DOF), die angeben, wieviele Freiheitsgrade von dem Gerät ermöglicht werden und in Echtzeit umsetzbar sind. Wichtig ist dies vor allem bei haptischen und visuellen Ausgabegeräten, deren DOF Anzahl kompatibel zum Anwendungsgebiet sein muss.

Visuelle Stereo Ausgabegeräte

Um das räumliche Sehen beim Menschen zu ermöglichen, ist es notwendig, dass rechtes und linkes Auge ein horizontal verschobenes Bild sehen. Aufgabe von visuellen VR-Ausgabegeräten ist es, diese Verschiebung nachzubilden und den Augen stereoskopische Bilder anzubieten.

Das klassische VR-Ausgabegerät ist das Head Mounted Display, dass als eine Art Helm aufgesetzt wird, in dem nur noch zwei Displays sichtbar sind. Es arbeitet typischerweise mit zwei Bildern, die entweder von kleinen LCDs (Liquid Crystal Display) oder von CRTs (Cathode Ray Tube) erzeugt werden. Dabei ist eine hohe Auflösung der erzeugten stereoskopischen Bilder notwendig, um ein brauchbares weites Sichtfeld realisieren zu können. Die beschränkte Auflösung heutiger HMDs ist bisher eine der Haupteinschränkungen der VR-Technologie. Da HMDs zunehmend Massenware werden, sinken die Preise und Gewichte drastisch. Hier ist in nächster Zeit mit einem lebhaften Markt zu rechnen.

Professionelle HMD's sind in der Lage bis zu 1280 x 1024 Pixeln pro Auge darzustellen. HMD's für den Spielemarkt schaffen immerhin noch 300 x 200 Pixel pro Auge. Die Anzahl der DOF hängt beim HMD vom verwendeten Trackingsystem ab.

Eine preiswerte Alternative zu HMDs sind Shutterglasses, bei denen der Betrachter eine Brille aufsetzt und damit Monitor oder Leinwand betrachtet. Auf dieser werden abwechselnd Bilder für das rechte und linke Auge angezeigt. Synchron dazu schaltet die Shutterbrille jeweils ein Augenglas transparent und das andere undurchsichtig. Der so entstandende stereoskopische Effekt hat aufgrund der Darstellungsweise eine meist halb so hohe Bildwiederholrate wie HMDs. Ein erheblicher Vorteil von Shutterglasses ist, dass der Benutzer seine reale Umgebung ständig sehen kann und nicht in die virtuelle Umgebung ``abtaucht''. Bei den VirtualIO Glasses werden zwei Bilder auf die Innenseite der halbdurchlässigen Brillengläser projeziert. So kann der Benutzer seine Umgebung sehen und virtuell erzeugte Bilder können über die Szene geblendet werden.

Laserscans unterscheiden sich von HMDs nur in der Art der Darstellung der stereoskopischen Bilder. Ein an der University of Washington entwickeltes System bildet mittels eines roten Lasers monochromatische Bilder direkt auf die Retina des Auges ab. Durch dieses Verfahren sind Auflösungen bis zu 1000 x 1000 Pixeln möglich. Farbige Bilder werden erst möglich, wenn ausreichend leistungsfähige Laserdioden für blaues und grünes Licht zur Verfügung stehen.

Grossbildprojektoren ermöglichen die grossflächige Projektion von VR-Szenen an eine oder mehrere Screens. Im Cave Projekt der University of Illinois wird eine virtuelle Umgebung auf drei Wände und den Fussboden projeziert. Dabei können mehrere Betrachter mittels glasses die Szene betrachten. Auf jedem dieser vier Screens ist eine Auflösung von 1280 x 512 Pixeln möglich. Mit Projektoren können die stereoskopischen Bilder für beide Auge entweder mit unterschiedlicher Polarisation gleichzeitig oder abwechselnd jeweils ein Bild projeziert werden. Bei der ersten Variante genügen einfache Polarisationsbrillen um die Bilder für rechtes und linkes Auge zu trennen, ausserdem wird eine hohe Bildrate erreicht. Da bei der zweiten Variante aktive shutterglasses eingesetzt werden müssen, halbiert sich hier die Bildwiederholrate.

Im Bereich der Unterhaltungselektronik entwickelte Stereo Screens ermöglichen die Darstellung räumlicher Szenen ohne Sehhilfe. Auf Bildschirmen werden, über Image Splitter getrennt, die stereoskopischen Bilder angezeigt. Image Splitter sind einfache Masken, die vor dem Bildschirm liegen und aufgrund der unterschiedlichen Positionen den beiden Augen nur bestimmte Bildanteile sichtbar machen. Damit einher geht eine Halbierung der vertikalen Auflösung dieser Bildschirme.

Sogenannte BOOMs (Binocular Omni Oriented Monitor) sind sowohl visuelle Ausgabegeräte mit den Eigenschaften von HMDs, als auch haptische Ausgabegeräte, da sie ein force feedback über force feedback arms ermöglichen. In einem handlichen Kasten ist dabei die Optik des Systems untergebracht, die an einem Gestell befestigt ist. Der Vorteil dieser Systeme ist ihre Handlichkeit, da sie einen hohen Grad an Immersion erreichen, wobei in Sekundenschnelle ein Eintauchen in die virtuelle Umgebung durch Heranziehen des BOOM und ein ebenso schnelles Verlassen möglich ist. Der lästige Kabelbaum von HMDs und force feedback Geräten ist im Gestell integriert. Aufgrund dieser Eigenschaften sind BOOMs gut für den proffesionellen Einsatz geeignet.

Akustische Ausgabegeräte

Akustische Ausgabe verstärkt die realistische Wirkung von VR-Systemen. Dadurch wird Ortung von Geräuschen, die mit virtuellen Objekten verknüpft werden, und Kommunikation ermöglicht. Als Ausgabegeräte dienen Kopfhörer oder Lautsprecher Arrays, die mit speziellen 3D Audiodisplays angesteuert werden. Die vom menschlichen Ohr wahrgenommenen Geräusche sind abhängig von dem persönlichen Hörvermögen, Filtereigenschaften der Ohrregion und des Körpers und von akustischen Reflektionseigenschaften von Objekten, die sich in seiner Umgebung befinden. Die hier herrschenden Zusammenhänge sind aber noch nicht vollständig erforscht, deshalb wird bei der Generierung von 3D Akustik stark vereinfacht.

Mittels head related transfer functions (HRTF) versucht man bei der NASA in Kalifornien die Filtereigenschaften des Aussenohrs und Körpers zu modellieren. Es zeigte sich, dass allgemeine HRTF für viele Menschen benutzt werden können. Ein Raytraycing Verfahren bildet die Geräusche (ähnlich wie die visuelle Variante die Lichtstrahlen) auf jeweils ein Ohr ab. Auch bei diesem Verfahren werden Oberflächeneigenschaften von Objekten und Entfernungen zur Geräuschquelle berücksichtigt. Ergebnis ist ein VR-System, in dem Objekte von Testpersonen aufgrund der gehörten Informationen gut räumlich eingeordnet werden können. Dem positiven Ergebnis steht ein grosser Rechenaufwand gegenüber, der die Einsatzmöglichkeiten limitiert.

Haptische Ausgabegeräte

Die Möglichkeit, virtuelle Objekte zu fühlen, kann zur einer markanten Erhöhung der Effektivität von VR-Anwendungen führen. Objekte können über den Tastsinn identifiziert und ihre Position und Orientierung bestimmt werden. Über Kraftrückkopplung ist das Manipulieren und Bewegen von Objekten möglich.

Anwendung findet haptische Ausgabe z.B. beim Training von Ärzten, die ihre virtuellen Patienten fühlen können, in wissenschaftlichen Visualisierungen oder in Anwendungsgebieten, die in völliger oder teilweiser Dunkelheit liegen. Heutige haptische Ausgabegeräte beschränken sich meist nur auf die Hand und teilweise auf den Arm der Benutzer, denn hier gibt es die höchste Anzahl von Tastrezeptoren im Körper. Systeme, die auch andere Körperteile berücksichtigen sind extrem komplex.

Nach der Art, wie haptische Ausgabegeräte auf den Menschen wirken unterscheidet man touch feedback und force feedback. Das sanfte Berühren einer Tischfläche spricht z.B. nur die Tastsensoren in der Hand an und würde vom touch feedback simuliert. Dagegen werden beim kräftigen Schlag auf den Tisch die Muskeln von Hand und Unterarm kontraktiert, was die Sensoren in Muskeln und Knochen anspricht und duch das force feedback simuliert würde. Ein wesentlicher Aspekt bei haptischen Ausgabegeräten ist der Degree of Freedom (DOF), der dem Benutzer gelassen wird.

Touch Feedback Systeme versuchen, die Tastsinne der Hand über pneumatische Kissen, elektrische Stimuli oder über Nadeln anzusprechen. Die früher angedachten Stimulation der Hand durch elektrische Impulse wurde ebenso wie die direkte Erregung von Nervenbahnen aus Sicherheitsgründen verworfen.

Pneumatisches Touch Feedback ist dagegen völlig sicher, denn hier wird ein Handschuh verwand, der mit kleinen Airbags (Lufttaschen) versehen ist, die sich bei Bedarf schnell aufblähen und zusammenziehen können. Ungefähr 20 dieser Taschen sind auf der Handfläche verteilt, die über ein Control Interface gesteuert werden. Von hier führen zu jeder Tasche zwei kleine Röhrchen, eine davon für das Aufblasen, die andere für das Absaugen der Taschen.

Einen anderen Weg bieten Mikropin Arrays, die auf einem Handschuh unter den Tastsensoren der Hand sitzen. Sie sind matrixartig angeordnet und lassen sich elektrisch ansprechen. Kleine Stachel (Pins) werden von Zinnstreifen auf dem Boden der Matrix gehalten. Wenn durch diesen Streifen ein Strom fliesst richtet er sich auf und lässt den Stachel nach oben entweichen. Fliesst kein Strom mehr, nehmen Streifen und Stachel ihre Ausgangsposition wieder ein. Bisher waren diese Matritzen aufgrund der verwendeten Materialien enorm schwer. Durch den Einsatz von leichten Legierungen sind diese Systeme nun marktreif.

Um nicht nur den Tastsinn zu stimulieren, sondern auch Temperatur Feedback einzubinden, wird Enhanced Tactile Feedback an der University of Salford (UK) entwickelt. Damit lässt sich neben räumlichen Eigenschaften auch die Temperatur von virtuellen Objekten ermitteln. Über winzige Wärmepumpen können Temperaturdifferenzen von 65 Kelvin erzeugt werden. Durch die Integration von Temperatur wird die Reaktionszeit der Benutzer auf bestimmte Signale und unsichere Zustände, die sich in der Temperatur von Objekten niederschlagen, enorm verkürzt und liegt teilweise unter einer Sekunde. Vorstellbar ist hier z.B. die Simulation eines operativen Eingriffs, bei dem besonders empfindliche Körperteile, die nicht in Mitleidenschaft gezogen werden dürfen, durch erhöhte Temperaturen gekennzeichnet werden.

Force Feedback

Der Force-Feedback Arm wurde ursprünglich für die Steuerung von Robotern entwickelt. Heute dient er dazu, von Computern aus Modellen simulierter Welten berechnete physische Kräfte umzusetzen, die auf den Benutzer wirken. Force-Feedback Arme bestehen aus einem gelenkigen Arm, der beliebige Plätze innerhalb eines Radius erreichen kann. An diesem Arm ist ein Display angebracht (s. BOOM), über das die virtuelle Umgebung und der darin integrierte Arm dargetellt werden. Das System wird mit einem Handgriff gesteuert und das Force Feedback über Motoren realisiert. Mit diesem Arm werden vier Freiheitsgrade (DOF) ermöglicht. Leider sind Force-Feedback Arme noch sehr teuer. Ausserdem bereitet ihre Benutzung teilweise Probleme, so z.B. an den Systemgrenzen oder bei Blicken nach oben.

Bei den Phantom-Produkten von nvidia handelt es sich um Force-Feedback Geraete fuer den Finger.

Für den alltäglichen Gebrauch eignen sich eher Desktop basierte Feedback-Systeme. Hier bieten Joysticks mit Force-Feedback eine unkomplizierte und leichte Lösung, die sich auch schon kommerziell durchgesetzt hat. Wenn auch gewöhnungsbedürftig, ermöglichen Joysticks eine relativ genaue Interaktion mit der virtuellen Umgebung. Herkömmliche Joysticks ermöglichen drei Freiheitsgrade (DOF).

Sogenannte Enhanced Joysticks ermöglichen dagegen sechs DOF. Sie ähneln einem an beiden Enden auf einer beweglichen Stange stehendem Stift, dessen Position und Orientierung innerhalb eines bestimmten Aktionsradius (Prototyp 44 cm) ständig bekannt ist. Dem Benutzer wird ein Force-Feedback ermöglicht, indem der Stift der Hand bei Bewegung einen Wiederstand engegensetzt. Diese Pen-Joysticks sind extrem inutitiv zu benutzen. [BURD93]

Der Rutgers Portable Master ist ein Handschuh, bei dem pneumatische Mikrozylinder Force-Feedback auf die Finger ausüben. Mit Klemmen werden die Finger an die Zylinder angeschlossen, welche über kleine Schläuche von einem Control Interface mit Druck versorgt werden. Somit entfallen lästige Kabel und Elektronik in der Hand des Benutzers. Ausserdem kann das Gewicht eines solchen Systems auf 45 - 60 g gesenkt werden. In Kombination mit Datenhandschuhen kann das Greifen und Interaktionen von und mit virtuellen Objekten möglich werden. Weiterentwicklungen des Rutgers Portable Master wie der LRP Hand Master haben sogar bis zu 14 solcher Force-Feedback Ansatzpunkte auf der Hand. [BURD93]

Den ganzen menschlichen Arm bezieht der Force Arm Master mit ein. Die an der Hand angewandte Technik wird hier auf Schulter, Ellenbogen und Unterarm ausgedehnt.

Kombination von Force und Touch Feedback

Touch- und Force-Feedback sind komplementäre, einander ergänzende Technologien. Die Kombination beider Technologien in einem System würde grossen Nutzen bringen, da die Benutzer sowohl die Härte als auch die Oberflächenstruktur und Geometrie von virtuellen Objekten ertasten könnten. Der Grad der Immersion der Benutzer in die Szene würde sich erhöhen.

Weiterführende Informationen

keine

Verweise auf Arbeiten anderer gruppen

keine

>Entstehung | Ausbreitung | Verlierer | Vergleich | Sicherheit | Veränderung | Auswirkungen | Interaktiv | Zukunft